Kluge-Therapie

 

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Impressum

Arbeitshypothese

 

 

Durch den Selbstversuch von R. KLUGE (1986) konnte eine abweichende Aminosäureverteilung im Liquor, Serum und Urin bestätigt werden. Unter Berücksichtigung der geographischen Häufigkeitsverteilung der MS gab es Hinweise auf eine mögliche Ernährungsbeeinflussung [1]. Zusätzlich gab es vage Hinweise über eine genetische Prädisposition, wobei die mögliche genetische Vererbung über die mütterliche Linie erfolgen muss. Zusammen mit den Hinweisen aus damaligen neurobiologischen und neurochemischen Untersuchungen (D. BIESOLD, H. MATTHIES und F. HUCHO [2, 3]), wurden nachfolgende Vorstellungen als Arbeitshypothese entwickelt.

Der Abbau der Myelinscheiden und der Axone erfolgt intervallartig und in der Ausdehnung nur lokoregional. Daraus folgt, dass sich die einfache (blande) Entzündung nicht weiter lokal ausdehnt, sondern ihrerseits durch einen Abwehrmechanismus gestoppt wird. Der Stopp wird von MATTHIES mit einer neu ausgerichteten Funktion der Mikroglia erklärt. Der punktförmige Entzündungsherd steht nicht im Widerspruch zu den experimentell gesicherten Ergebnissen, dass das bei der Demyelisierung freiwerdende A1-Protein bzw. Myelin-Basisches Protein (MBP) eine Experimentelle Allergische Enzephalitis (EAC) auslöst. Deshalb kann eine autokatalysierte Reaktion nicht ausgeschlossen werden.

Es müssen weitere Struktur-, Wirkungs- und Milieueffekte berücksichtigt werden, die die energetische Verarmung der Zelle als eine wichtige Voraussetzung für den Ausbruch der MS als auch die ambivalente Wirkung der Immunsuppressiva erklären.

Es wird von einer Enzymunterfunktion im mitochondrialen Ornithinzyklus (Leber, Darm, Muskulatur, Mikroglia) ausgegangen. Dies erklärt auch die Weitergabe der genetischen Prädisposition durch die mütterliche Vererbungslinie (Erbinformationen der Mitochondrien werden grundsätzlich nur über die mütterliche Linie vererbt). Im Ornithinzyklus, der ein Teil des Harnstoffzyklus ist, wird das neurotoxische Ammoniak beseitigt (Entgiftungsreaktion). Kommt es im Mitochondrium zu einer Behinderung des Abbaus des Ammoniaks, führt dies zur Anreicherung neurotoxischer Produkte und zur energetischen Verarmung der Zelle.
Die genetische Verankerung derjenigen Zellfunktionen, die für Interaktionen mit den Mitochondrien verantwortlich sind, liegt im X-Chromosom des Zellkerns. Auf diesem Chromosom ist auch eine Steuerfunktion kodiert, die für die MS offensichtlich eine besondere Bedeutung hat. Diese Steuerfunktion bestimmt spezielle Transportprozesse, die ihrerseits energetisch abhängig sind. Die X-chromosomale Fundierung könnte auch bestimmte beobachtete tendenzielle Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei der Therapie nach R. KLUGE erklären. Gleichzeitig wird die erwähnte chromosomale Steuerfunktion extrazellulär beeinflusst. Hier spielt die Chronobiologie, speziell die Chronoimmunologie, mit all ihren Facetten hinein.

R. KLUGE und TH. SCHMIDT wiesen schon frühzeitig auf das relativ selbständige Immunsystem des Darmes hin. Wenn es gelingt, die Darmfunktion eines MS-Patienten so zu stabilisieren, dass das autonome Immunsystem des Darmes das Gesamtimmunsystem positiv beeinflusst, könnten eventuell überzogene Immunreaktionen harmonisiert werden.
R. KLUGE setzte hierfür Lactulose ein, die gleichzeitig einen entgiftenden Effekt hinsichtlich des Ammoniaks hat. Seine Therapieversuche bestätigten diese Annahme [4].

Die Regulierung der metabolischen Bildung von Ammoniak stellt die Stoffwechselkomponente der KLUGE-Therapie dar. Diese Beeinflussung konnte zum einen über die Ernährung mit reinen Aminosäurengemischen und zum anderen mit einer individuell angepassten Eiweißernährung bestätigt werden.

Neben der Metabolik und der immunologisch bedingten Autoaggression treten als weitere negative Faktoren die Stressoren hinzu. Alle Faktoren wirken individuell und sehr unterschiedlich zusammen.

Abb.1   Die Einflussfaktoren bei der Ausbildung der MS

Während der Einfluss der Stressoren und die Autoaggression anderweitig ausreichend beschrieben werden, waren die Einflüsse der Metabolik und die der Chronoimmunologie weitgehend unbekannt. Zwar gab es Vorstellungen, durch eine eiweißminimierte Diät die MS positiv zu beeinflussen, die Erfolge, d.h. ein wirkungsvolles Zurückdrängen der Erkrankung, blieben aber aus.

Die Arbeitshypothese zur KLUGE-Therapie basiert auf kritischer Bewertung von etablierten Vorstellungen und fachübergreifender Arbeitsweise.
Selbstversuche und Therapieversuche von R. Kluge bestätigten, dass die Multiple Sklerose auch eine Stoffwechselkomponente hat.

Quellenangaben

 

 

[1]   Schmidt, R.M.(Hrsg): “Mutiple Sklerose, Epidemiologie, Diagnostik, Therapie”. 2. Auflage, Jena, Stuttgart: Gustav Fischer Verlag 1992

[2]   BIESOLD, D. und MATTHIES, H.: “Neurobiologie”, Jena Fischer 1977

[3]   HUCHO, F : “Einführung in die Neurochemie”, Weinheim; Verlag Chemie 1982

[4]   Kluge, R., Wasicki, P., Westphal, G., Farr, Ch.: “Lactulose bei Multipler Sklerose” in TW Neurologie Psychiatrie 1996; 10: 486-488

 

       Stand 2017